In Kolumbien herrscht ein „Krieg gegen Aktivistinnen und Aktivisten“ (Jablonski 2018). Während die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia, FARC) und die Kolumbianische Regierung in einen Friedensprozess eingetreten sind, werden alle drei bis vier Tage politische AktivistInnen, GemeindevorsteherInnen und BürgerrechtlerInnen ermordet (Montoya Cely 2018; Stein 2017). Über 200 Morde und mehr als doppelt so viele Morddrohungen wurden in den Jahren 2016 und 2017 registriert (CNN Español 2018). Ein Großteil der Verbrechen bleibt unaufgeklärt (Montoya Cely 2018; Semana 2017). Die Todesschwadrohnen töten AktivistInnen, verbreiten gezielt Morddrohungen und hinterlassen Botschaften auf Mauern und Wänden in Dörfern, in denen sie die Bevölkerung vor einer Zusammenarbeit mit der Guerrilla, mit Indigenen, mit den GemeindevorsteherInnen und BürgerrechtlerInnen warnen. Wer diese Warnung nicht befolge, werde zur militärischen Zielscheibe. „Mit solchen Morddrohungen erzeugen sie Angst in der Bevölkerung. Und die Logik der Angst hat in diesem Land funktioniert. Wenn sich die Leute von diesen Drohungen angesprochen fühlen, sagen Sie ‚Nein, ich halte still‘. Ein Effekt der zielführend ist“, erklärt Diana Sanchez, Leiterin der Organisation „Somos Defensores“, die die Verfolgung und Ermordung von MenschenrechtlerInnen in Kolumbien überwacht. Rund 90 Prozent der Drohungen werden von der Regierung nicht weiter verfolgt, weshalb der Eindruck entstehe, dass die Regierung nicht daran interessiert ist zu untersuchen, wer hinter den Morden steckt. Diana Sanchez ist eine der Personen, die neben anderen AktivistInnen, MenschenrechtlerInnen und Familienangehörigen der Ermordeten in dem Dokumentarfilm „Nos estan matando“ („They are killing us“) von Emily Wright, Tom Laffay und Daniel Bustos Echeverry zu Wort gekommen ist. 2018 erschien ihre Dokumentation, die die traurige und „tödliche Seite des Kolumbianischen Friedensprozesses“ zeigt (Wright et al. 2018).
Bild: Eine Szene aus dem Dokumentarfilm „Nos están matando (They are killing us)“ (Wright et al 2018), in der Angehörige ein Opfer der paramilitärischen Gewalt in Kolumnbien zu Grabe tragen.
Quellen:
CNN Español (2018): „Colombia: Asesinatos de líderes sociales, el problema de Colombia ante el Consejo de Derechos Humanos de la ONU“, in: CNN Español, 11.05.2018. URL: https://cnnespanol.cnn.com/2018/05/11/asesinatos-de-lideres-sociales-el-problema-de-colombia-ante-el-consejo-de-derechos-humanos-de-la-onu/
Wright, Emily / Tom Laffay / Daniel Bustos Echeverry (2018): „Nos estan matando (They are killing us)“, in: Tom Laffay. URL: https://www.tomlaffay.com/theyre-killing-us/
Jablonski, Jascha (2017): „Krieg gegen Aktivistinnen und Aktivisten in Kolumbien“, in: Amerika21, 23.06.2018. URL: https://amerika21.de/blog/2018/06/204382/krieg-gegen-aktivisten-kolumbien
Montoya Cely, Carlos (2018): „Los Asesinos de Lideres Sociales No tienen Nombre“, in: Fundación Paz y Reconciliación, 03.04.2018. URL: http://pares.com.co/2018/04/03/nosestanmatando-los-asesinos-de-lideres-sociales-no-tienen-nombre/
Semana (2017): „Asesinatos de líderes sociales, la impunidad contraataca“, in: Semana, 02.09.2017. URL: https://www.semana.com/nacion/articulo/impunidad-en-87-por-ciento-de-asesinatos-de-defensores-entre-2009-y-2016/538490
Stein, Georg (2017): „Kolumbien: Fast jeden zweiten Tag ein politischer Mord an Aktivisten“, in: Amerika21, 07.03.2017. URL: https://amerika21.de/2017/03/171441/kolumbien-morde-2017-26-tote
Weiterführende Literatur über Paramilitarismus in Kolumbien:
Human Rights Watch (2001): The ‚Sixth Division‘: Military-Paramilitary Ties and US Policy in Colombia, New York: Human Rights Watch.
Mazzei, Julie (2009): Death Squads or Self-Defense Forces? How Paramilitary Groups Emerge and Challange Democracy in Latin America, The University of North Carolina Press.
McClintock, Michael (1992): Instruments of Statecraft: U.S. Guerilla Warfare, Counterinsurgency, and Counterterrorism, 1940-1990, New York: Pantheon Books.
Palacio Castañeda, German Alfonso (1991): „Institutional Crisis, Parainstitutionality, and Regime Flexibility in Colombia: The Place of Narcotraffic and Counterinsurgency“, in: Martha K. Huggins (Hrsg): Vigilantism and the State in Modern Latin America. Essays on Extralegal Violence, New York: Preager, S. 105-124.
Pfeifenberger, Jonathan (2016): „Kolumbiens Regierung erkennt staatliche Verantwortung für Morde an linken Politikern an“, in: Amerika21, 25.09.2016. URL: https://amerika21.de/2016/09/160811/kolumbien-up-morde-santos
Raphael, Sam (2010): „Paramilitarism and State Terror in Colombia“, in: Richard Jackson / Eamon Murphy / Scott Poynting (Hrsg.): Contemporary State Terrorism. Theory and Practice, London/New York: Routledge, S. 163-180.
Zelik, Raul (2009a): Die Kolumbianischen Paramilitärs. „Regieren ohne Staat?“ oder terroristische Formen der Inneren Sicherheit, Münster: Verlag Westfälisches Dampfboot.
Ders. (2009b): „Aufstandsbekämpfung und Besatzungskrieg. Die Entwicklung asymmetrischer Kriegführung durch den Westen“, in: Peripherie, Münster: Verlag Westfälisches Dampfboot Nr. 116, Jg. 2009, S. 425-447.